Fechten im TVO 1890 bis 1926!
Unter „Der Vorstand berichtet“ haben wir ausführlich über die Ilse-Scriba-Goerg-Stiftung und über die Mitgliedschaft von Ilse Scriba-Goerg in der Fechtabteilung unseres Vereins berichtet. Wir haben in unserem Archiv nachgeforscht und einige Informationen zu diesem Thema gefunden.
Die Fechtabteilung wurde im Turnverein 1896 unter der Leitung von Wilhelm Loch und August Frühauf gegründet. Schon 1890 war eine Fechtriege gegründet worden, der damals 12 Turner beitraten, woraus dann 1896 die Fechtabteilung entstand. Nachfolgend ein Text, der anlässlich des 30zigjährigen Jubiläums der Abteilung im November 1926 in einer Ausgabe der damaligen Vereinszeitung erschien:
Man übte damals Bajonettieren und Lanzenfechten. Dazu kam kurze Zeit darauf das Florettfechten in fester Stellung nach deutscher Schule, begründet von Heidecker, Wiesbaden. Da es an einer geeigneten Lehrkraft mangelte, kam in dieser Zeit allmonatlich ein älterer Fechter, Schleucher, aus Wiesbaden zur Abhaltung der Fechtstunden nach Oberstein. Von 1899 bis 1910 war August Frühauf ständiger Leiter der Abteilung. Abwechselnd standen ihm als 2. Leiter zur Seite: Rudolf und Ernst Schleich, Rudolf Hoffmann, Gustav und Willi Sauer. Im Jahre 1904 wurde unter Anleitung des Fechtlehrers Karl Birnickel, Frankfurt, mit dem Fechten auf schwere deutsche Säbel begonnen. Auf dem Deutschen Turnfest in Frankfurt a.M. im Jahre 1908 errang die Abteilung mit einer Musterriege von 13 Mann einen Preis in der A-Klasse. Die Riege wurde gewertet in An- und Abmarsch, im Ordnungsverhalten, in der Zweckmäßigkeit des Übungsstoffes und in der Schwierigkeit mit je 9 Punkten, in der Ausführung mit 8 Punkten. Die Punktzahlen zeigten deutlich die gute Leistung der Abteilung. 2 Jahre später wurde das Fechten mit leichten Waffen in loser Stellung auf Hieb und Stich (Spada und italienische Schule) eingeführt. Dann kam der Krieg der alle Fechter zum ernsten Waffengang ins Feld rief. Leider sind nicht alle zurückgekehrt. Auf den Schlachtfeldern blieben die Fechter Emil Loch, Fritz Faber, Rudolf Müller und Rudolf Geiß. Ihnen wird die Abteilung ein ewiges Andenken bewahren. Nach dem unglückseligen Krieg wurden im Jahre 1920 unter der Leitung unseres jetzigen Fechtwartes Wilhelm Sauer die Fechtübungen wieder aufgenommen. Rastloses Streben bescherte der Abteilung schöne Erfolge im Einzelfechten jeder Stufe und gewann ihr eine Anzahl neuer Anhänger, so daß mit der Entwicklung der Abteilung bis heute wohl zufrieden sein können.
Zu Männern, hart und biegsam, erzieht das Fechten. Sie bieten uns die Gewähr, das es kein Stehenbleiben auf dem beschrittenen Wege zu Kraft und Gesundheit und zur Gemeinschaft gibt. Von Begeisterung für unsere Turnsache möge die weitere Entwicklung der Abteilung getragen sein, in der Erkenntnis, dass das Beste nie hinter uns, sondern immer vor uns liegt. In diesem Sinne entbieten wir der Abteilung die Glückwünsche des gesamten Vereins.
Der letzte Absatz entspricht dem Zeitgeist der damaligen Zeit, hat in den Aussagen von einzelnen Passagen durchaus auch heute noch seine Berechtigung.
Im Januar 1891 gründete sich ein neuer Turnverein in Oberstein, der Turn- und Fechtklub Oberstein, zu dem dann etliche Mitglieder des Turnvereins wechselten. Es gab dann in der Folge viele Querelen, die Mitgliedschaft in den Turnvereinen betreffend. Es schaltete sich auch der Vorstand des Turngaus Nahe-, Idartal ein, denn die Mitgliedschaft in 2 Turnvereinen war damals wohl ein Problem, was z.B. die Teilnahme an den damals sehr zahlreichen Turnfesten betraf. Der Turnverein trat damals auch wohl kurzfristig aus dem Turngau aus und hat den Anschluss an den Turngau Untere Nahe gesucht. Die Probleme ließen dann aber wohl recht schnell lösen und man trat wieder in den Turngau Nahe-, Idartal ein. Der Turn- und Fechtklub bestand weiter. In einer anderen Quelle ist zu lesen, dass die Fechter sich im Turnverein nicht genug beachtet fühlten. Der Turnverein hatte zu Beginn des Jahres 1890 insgesamt 430 Mitglieder.
Nachdem der Turnverein 1881 die erste Turnhalle in der Wilhelmstraße gebaut hatte, wurden auch beim Turn- und Fechtklub sehr schnell Bauaktivitäten begonnen. 1904 wurde dann eine Turnhalle eingeweiht. Das Gebäude entstand „Auf der Idar“ auf dem heutigen Helmut-Kohl-Europaplatz ungefähr dort, wo heute der Zubringer zu Naheüberbauung verläuft. Auf der Titelseite dieser Ausgabe ist ein Bild von der Einweihung dieser Halle zu sehen. Unverkennbar, dass ein ganze Reihe der Männer, die dort abgebildet sind, Fechtwaffen mit sich führten. Beim Bau der Halle hatte der Klub gerade mal 215 Mitglieder, während es beim Turnverein zu Jahresbeginn 1904 bereit 567 waren.